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Meine Roller Touren 2011
"Life is just a lonely highway
and I'm out here on the open road
I'm old enough to see behind me
but young enough to feel my soul"
[Lenny Kravitz: Can't Get You Off My Mind]
In Erwartung der Dinge, die dieses Jahr auf mich zukommen ...
Mai/Juni 2011: Meine bisher längste Tour
Über 6.700 km durch die Schweiz, Frankreich und Spanien bis nach Portugal. Jeden Tag eine Fülle von neuen Eindrücken, die ich alle kaum verarbeiten konnte, so schnell prasselten sie auf mich ein, denoch die bisher schönste und interessanteste Reise, aber auch die anstrengendste, mit (fast) nur positiven Erlebnissen ...
Die Notizen habe ich diesmal übrigens gleich am jeweiligen Abend geschrieben, meist während des Abendessens.
Bei LeutaschAlbulapass
Tag 1: Bad Tölz - Kochelsee - Mittenwald - Leutasch - Telfs - Silz - Imst - Landeck - Prutz - Samnaun - Martina - La Punt - Albulapass (2315 m) - Thusis - Bonaduz - Trun; 440 km
Nach dem obligatorischen Espresso beim Dinzler auf dem Irschenberg geht's bei bedecktem Himmel, aber einigermaßen warmen Temperaturen, weiter über Bad Tölz, die Kesselbergstrecke (unter der Woche frei für Motorräder Richtung Walchensee) und Leutasch runter ins Tiroler Inntal. Vorbei an Zams (von ferne grüße ich das dortige Krankenhaus, in dem ich 2006 zwei Wochen lang liegen mußte) fahre ich bei Landeck Richtung Schweiz und mit dem letzten Tropfen Benzin hoch ins Zollausschlussgebiet Samnaun. Nachdem alle Vorräte günstig aufgefüllt sind, geht es die alte Bergstraße mit einigen engen, dunklen Tunneln zurück ins Tal.
Albulapass
An der Grenze zur Schweiz dann etwas inzwischen schon Ungewohntes: Geld wechseln. Die Bankangestellte entschuldigt sich fast für den schlechten Kurs des Euros, aber da kann sie ja wirklich nichts dafür. Auf für mich wohlbekannten Straßen (in den 80er und 90er Jahren fuhr ich hier jedes Jahr zum Engadiner Surfmarathon auf dem Silser See, der damals weltweit größten Surfregatta) geht es ins Engadin - schöne kurvige Strecke, meist gut ausgebaut, aber oft auch viel Verkehr. Bei La Punt rechts ab hoch zum Albulapass, oben ist es windig und ziemlich kühl, kein Wunder, es liegt ja auch noch einiges an Schnee neben der Strecke und der Pass war noch nicht lange geöffnet. Außerdem habe ich in Erwartung sommerlicher Temperaturen später in Spanien/Portugal nur meine Sommer-Motorradjacke mitgenommen (eine gute Entscheidung, wie sich später zeigt). Die Abfahrt ins Tal ist dann an einigen Stellen wegen mehrerer Baustellen mit Schotter etwas ruppig.
Auch auf der Bundesstraße 19 Richtung Trun gibt es mehrere Baustellen, dennoch komme ich zügig an mein heutiges Etappenziel Trun und seinen gleichnamigen Campingplatz direkt am Vorderrhein. Überhaupt stehen die ersten zwei Tage unter dem Motto "vom Inn über den Rhein an die Rhone". Kosten für die Übernachtung: CHF 12,30
Bei Trun
Tag 2: Disentis - Oberalppass (2044 m) - Andermatt - Furkapass (2431 m) - Oberwald - Brig - Sierre - Sion - Marigny - Col de la Forclaz (1527 m) - Col des Montets (1461 m) - Argentiere - Chamonix - St. Gervais les Bains - Megeve - Flumet - Albertville - Lac de Carouge; 364 km
Oberalppass
Während des Frühstücks komme ich mit einem Paar ins Gespräch, das kurz vor der Vollendung ihrer vierjährigen Weltumfahrung auf zwei BMWs steht (ihre Reisebeschreibung findet Ihr hier: http://www.2aufreisen.de). Natürlich verblasst mein Vorhaben angesichts dessen, was die Beiden erlebt haben, dennoch ist es ein sehr interessanter, aber leider viel zu kurzer Gedankenaustausch. Wenn ich die Beiden bereits am Abend kennengelernt hätte, wäre es sicher eine kurze Nacht geworden.
Oberalppass - Blick nach Osten
FurkapassFurkapass
Bei herrlichem Wetter und wenig Verkehr geht es für mich weiter den Vorderrhein entlang Richtung Westen. Hie und da gibt es kurze Baustellen bzw. Felssäuberungen - einige Pässe waren erst kurz vorher nach der Wintersperre geöffnet worden. Als Einstimmung der Oberalppass, danach runter ins Tal nach Andermatt und dann hoch zum heutigen Highlight, dem Furkapass. Grandiose Bergwelt, herrliche Ausblicke, faszinierende Streckenführung, kaum Verkehr - ein Traum!
Furkapass - Blick nach Westen
Das Wallis dagegen enttäuscht mich ein wenig (aber wahrscheinlich ist es zuviel verlangt, beim reinen Durchfahren die Schönheiten des Tals entdecken zu wollen). Dazu kommt noch eine ziemliche Hitze, elend langer Stau bei Sierre und starker Seitenwind vor Martigny. Dieser Wind bringt dann auch das schlechte Wetter, ab Chamonix regnet und gewittert es zum Teil sehr stark. Also leider kein Blick auf den Mont-Blanc möglich, dafür volle Konzentration beim Fahren, vor allem durch die bei diesen Bedingungen unangenehmen und kurvigen Gorges de l'Arly. Rutschige, kurvige Straße bergab ist schon nicht schön, aber dazu noch die französischen Autofahrer, die z.T. extrem dicht auffahren ...
Blick auf Rhonegletscher und Furka
Straße und Wetter werden zwar in Albertville besser, dennoch habe ich genug und suche einen Campingplatz in Albertville. Dieser ist jedoch geschlossen, also fahre ich auf der D1090 bzw. D1006 noch ein Stück Richtung Süden bis zum ersten Hinweisschild auf einen Campingplatz, das ist der Camping du Lac de Carouge am gleichnamigen See. Schnell das Zelt aufgebaut, denn das nächste Gewitter zieht schon über die Berge ins Tal. Dieses "wettere" ich dann in der Bar des Campingplatzes ab und wundere mich über seltsame Geräusche, die vom Dach des Gebäudes zu kommen scheinen. Der Pächter klärt mich dann auf, dass man in dieser Gegend zur Hagelabwehr Raketen mit Silberjodid in die Wolken schießen würde. Also ähnlich wie bei uns im Rosenheimer Raum, wo man allerdings die Wolken per Flugzeug mit Silberjodid "impft". Kosten für die Übernachtung: EUR 15,00
Tag 3: Montmelian - Chambery - Col du Granier (1134 m) - Entremont - Col de la Cluse (1184 m) - Les Echelles - Voiron - Tullins - Romans-sur-Isere - Tain Hermitage - Tournon - Lamastre - Mezilhac - Ste. Eulalie - Le Beage - Le Lac D'Issaries - Coucouron; 360 km
Über Nacht hat sich das Wetter etwas beruhigt, daher kann ich am Morgen das Zelt trocken abbauen. Kurzes Frühstück in Chambery, die Abfahrt hoch zum Col du Granier finde ich auch relativ schnell, und dann auf kaum befahrenen Sträßchen über einen weiteren Col ins Tal an die Isere. Das Wetter wird immer besser, zügig komme ich an die Rhone, die ich bei Tarn Hermitage überquere, und dann geht es schon in die Auvergne Richtung Ardeche.
Rhone bei Tain Hermitage
Es folgen wunderschöne kleine Sträßchen mit vielen Kurven, z.T. zwar mit schlechtem Belag, aber bei wenig Verkehr ideal zum Rollern. Hügel und Täler wechseln sich ab, z.T. geht es hoch bis auf 1400 m. Ein Bussard erschreckt mich, der kurz vor mir nach oben wegfliegt. Die Landschaft wechselt ständig, in den Tälern alles voll in Grün und mit allen möglichen Spätfrühlingsgerüchen, auf den Bergen karg, fast schon alpin, manchmal einsam, aber dennoch nie abweisend. Am Nachmittag dann eine richtige Höhenstraße mit schönem Blick auf die umliegenden Täler.
Landschaft in der Auvergne
Die vielen Kurven fordern aber auch ihren Tribut, bei Coucouron kann/will ich nicht mehr und nehme mir ein Zimmer im Hotel Au Carrefour des Lacs. Abends dann ein Menu in einer Pizzeria im Ort (vier Gänge mit Wein und Cafe insgesamt EUR 16), die Einheimischen etwas unfreundlich oder sind sie eher spröde? Ich bin weiterhin gut 300 Kilometer hinter Plan und mache mir Sorgen, ob meine Planung vielleicht zu ambitioniert ist. Kosten für Übernachtung und Frühstück: EUR 36,00
Tag 4: Pradelles - Langogne - Mende - Chanac - Banassac - Laissac - Rodez - Baraqueville - Carmaux - Monesties - Cordes-s-Ciel - Gaillac - Salvagnac - Beauvais - Villemur - Fronton - Grenade - Montaigut - L'Isle-Jourdain - Samatan - Lannemezan - Capvern-les-Bains; 480 km
Eine Überbrückungsetappe mit vielen geraden Strecken, aber auch einigen schönen Ecken, natürlich am Anfang die Ardeche, dann hinter Banassac die Olt entlang oder die Strecke zwischen Carmaux und Cordes-s-Ciel.
Chateau de Galinieres im Tal der Serre
Ich hatte eigentlich vor, in die Pyrenäen hinein nach Arreau zu fahren, aber nach der schlechten Wettervorsage gestern Abend entschließe ich mich, am Fuss der Pyrenäen einen Campingplatz zu suchen. Im Kurort Capvern-les-Bains, gelegen in einem Tal, finde ich den Campingplatz La Plenitude und bleibe dort erstmal. Der sehr freundliche Inhaber des Platzes hilft mir mit einer Plane aus, da der Untergrund der Stellplätze aus frisch aufgeschüttetem spitzen Kies besteht. Ansonsten bin ich der einzige mit Zelt auf dem Platz. Capvern-les-Bains selbst hat seine beste Zeit offensichtlich schon einige Jahre hinter sich, der Ort macht einen etwas heruntergekommenen Eindruck, man sieht fast nur ältere Kurgäste. Kosten für die Übernachtung: EUR 7,80
Campingplatz in Capvern-les-Bains
Tag 5: Regentag in Capvern-les-Bains; 0 km (übrigens mein einziger Tag auf der gesamten Reise, an dem ich nicht gefahren bin)
Nachts hat es wie vorhergesagt angefangen zu regnen, es sollte den ganzen Tag durchregnen und in den Bergen sogar bis auf 1.300 m herunterschneien ("le retour de l'hiver" hieß es in den Fernsehnachrichten), also mache ich einen Ruhetag. Aber was macht man den lieben langen Tag in einem tristen, gottverlassenen Kurort? Nun, erstmal lang schlafen, dann lang frühstücken (konnte man auf dem Campingplatz bestellen), dann regenfest anziehen (für einen Motorradfahrer kein Problem), ein bißchen den Ort erkunden, anschließend eine geöffnete Bar suchen (es gab auch wirklich eine) und dort bei einigen Bierchen Leute beobachten und den Tag an sich vorüber gehen lassen. Aber ich mache mir natürlich auch Gedanken, ob ich die nächsten Tage überhaupt über die Pässe komme, wenn es so tief herunterschneit.
Anschließend ein schöner langer Mittagsschlaf, um Kraft für die kommenden Tage zu tanken, am Abend lecker Pizza essen (ich war der einzige Gast im Restaurant) und zum Schluß noch für einen Absacker in eine (diesmal andere) Bar. Dort wird es dann länger als geplant, denn eine örtliche Musikgruppe stellt Volkslieder aus den Pyrenäen vor - sehr engagiert und mit schönen Stimmen. Eine wunderbare Einstimmung auf die nächsten Tage in den Pyrenäen! So gibt es doch noch einen versöhnlichen Abschied von diesem Ort.
Kurz noch einige Informationen zu meiner Organisation dieser Reise: Für diese Tour hatte ich in den Monaten vor Beginn vor allem im Internet eine Fülle von Informationen gesammelt, vor allem zur Route und zu Übernachtungsmöglichkeiten. Ich wollte möglichst wenig Autobahn fahren und große Ballungsgebiete meiden, gleichzeitig versuchen, landschaftlich schöne Strecken zu fahren (also die Landstraßen mit der grünen Markierung auf der Karte), ohne große Umwege zu fahren und dennoch einigermaßen zügig voranzukommen (zwischen 250 und 450 km pro Tag). Die Planung dieser Route kostete einige Zeit, brachte aber auch schon viel Spaß im Vorfeld der Reise.
Ähnliches für die Übernachtungsmöglichkeiten: Erste Wahl für mich sind immer Campingplätze, da es dort meist ungezwungener und freier zugeht. Stehen mehrere zur Auswahl, wähle ich einen mit Restaurant oder einen eher kleineren, familiären Campingplatz. Zusätzlich notiere ich mir in einem Umkreis von etwa 50 km noch Alternativen, falls z.B. die Wirklichkeit mit der schönen Internetpräsenz nicht übereinstimmt. In manchen Regionen gibt es keine Campingplätze oder sie sind noch alle geschlossen. Dann lasse ich mich überraschen und suche mir erst vor Ort ein günstiges Hotel oder einen Gasthof.
Diese Planung begriff (bzw. begreife) ich nie als starres, unumstößliches Korsett - bei Bedarf ändere ich vor Ort die Planung, wenn mir etwas nicht passt oder wenn äußere Umstände (wie eben hier das Wetter) meine ursprünglichen Pläne über den Haufen werfen. Eine gute Planung gibt einem eine gewisse Sicherheit, man weiß schon ein wenig, was auf einen zukommt. Sie dient mir als Grundgerüst, um die Reise möglichst erfogreich werden zu lassen. Dennoch sollte natürlich das Abenteuerliche, das Unerwartete oder Unverhoffte bei einer solchen Tour nicht zu kurz kommen - das ist das Salz in der Suppe. Man kann gottseidank nicht alles zu 100 Prozent vorplanen, ich glaube, eine solche Tour wäre ziemlich langweilig!
Ein Wort noch zu den Karten: Für Deutschland/Österreich/Schweiz/Italien benutze ich meist die Generalkarte im Maßstab 1:200.000. Für Frankreich habe ich einen Mix benutzt: die Carte Touristique des "institut geographique national" im Maßstab 1:250.00 oder Michelin-Karten im Maßstab 1:200.000. Die Michelin-Karten sind natürlich sehr genau, aber für meinen Geschmack etwas zu überladen mit Informationen und daher etwas schwerer lesbar. Für Portugal habe ich mir vom ADAC die Länderkarte im Maßstab 1:300.00 gekauft, für Spanien Karten von Marco Polo (Pyrenäen, Costa Brava sowie Zenralspanien) im Maßstab 1:300.000 sowie Karten aus dem Verlag "Geo/Estel" im Maßstab 1:250.000. Letztere fand ich von allen Landkarten am besten abzulesen und am übersichtlichsten, allerdings sind die Karten schon etwas älter und manche Informationen fehlen daher. Ich weiß auch nicht, ob diese Karten überhaupt noch aktualisiert werden.
Die Landkarten von Marco Polo, ADAC und die Generalkarte haben alle das gleiche Kartenbild, d.h. man muss sich beim Lesen der Karten nicht umgewöhnen.
Abendstimmung in Capvern-les-Bains
Tag 6: Lannemezan - Heches - Arreau - Col de Peyresourde (1569 m) - Loudenvielle - Col d'Azet (1580 m) - St. Lary-Soulan - Espiaube (1900 m) - Pla d'Adet (1700 m); 140 km
Schöner Oldtimer
Heute spielt das Wetter mit, und es geht endlich hinein in die Pyrenäen. In Arreau gehe ich auf den Camping Municipal; es gibt ein paar Kilometer nördlich von Arreau den Camping International, dieser vermietet jedoch vor allem Mobilhomes und nimmt wohl nur im Sommer Zelte auf.
Nähe Col de Peyresourde
Auffahrt zum Col de Peyresourde
Gasthof in Loudenvielle
Schnell das Zelt aufgebaut und anschließend als Einstimmung auf die Pyrenäen eine kleine Col-Runde gedreht: Peyresourde (eher enttäuschend sowohl von der Straßenführung als auch landschaftlich), Azet und die Anfahrt zum Portet, der aber leider für Motorräder gesperrt ist. Die auf der Anfahrt zum Col de Portet liegenden Skistationen wirken außerhalb der Wintersaison noch abschreckender, aber wenigstens bietet Pla d'Adet einen schönen Blick hinunter ins Tal nach St. Lary-Soulan. Auf der Fahrt zu dieser Skistation verfolgt mich in einem kleinen Weiler laut bellend ein Hund. Ich merke mir die Stelle - und wirklich, als ich bei der Rückfahrt dort vorbeikomme, wartet er schon auf der Straße auf mich, geduckt, sprungbereit. Ich fahre langsamer und stoppe schließlich etwa 15 Meter vor ihm, und schon stehen wir uns gegenüber wie zwei Westernhelden beim High Noon. Der Hund bewegt sich nicht, gibt keinen Ton von sich, ich bewege mich einige Momente auch nicht, dann gebe ich Gas und fahre voll auf ihn zu. Er weicht mir aus und rennt noch einige Meter hinter mir her, gibt aber schnell auf. Was in einer solchen Situation wohl ein Fahrradfahrer macht?
Lac du Genos Loudenvielle
Col d'Azet
Am Abend esse ich in Arreau Kebab mit Pommes und bin von dem Ort ganz angetan, er hat ein gewisses Flair, so dass man sich dort schnell wohlfühlt. Einzig das Wetter macht mir Sorgen, schwarze Wolken, windig, kühl - ob das morgen was wird? Wenig später bin ich zurück auf dem Campingplatz, der wirklich schön gelegen am Fluß Neste liegt, dessen Rauschen mich am Abend sanft in den Schlaf wiegt. Auf dem Platz bin ich übrigens wieder der einige Deutsche, der einzige mit Zelt und der einzige mit einem Zweirad. Kosten für die Übernachtung: EUR 7,42
Blick nach St. Lary-Soulan
Pyrenäengipfel
Tag 7: Col d'Aspin (1489 m) - St. Marie-de-Campan - Col du Tourmalet (2115 m) - Luz-St.-Sauveur - Argeles-Gazost - Col du Soulor (1474 m) - Col d'Aubisque (1709 m) - Laruns - Col du Portalet (1794 m) - Biescas - Jaca - Puerto de Oroel (1080 m) - Bernues - Santa Maria - Agüero - Murillo de Gallego; 280 km
Campingplatz in ArreauBlick auf Arreau
Ich schaue aus dem Zelt - keine Wolke am Himmel, noch etwas kühle, klare Luft, kein Wind - Kaiserwetter! Schnell baue ich das Zelt ab, checke wie jeden Morgen den Roller (Öl/Reifen/Bremsen), kaufe mir beim Bäcker mein Frühstück und einen schnellen Cafe - und schon geht's hoch zum ersten der heutigen fünf geplanten Pässe. Um es vorwegzunehmen - es wurde ein Traumtag, an dem alles passte, einer der schönsten Rollertage meines Lebens. Auf der Anfahrt zum Col d'Aspin überhole ich einen Rennradler, kurz danach mache ich Frühstückspause und höre diesen Rennradler laut juchzen. Bei der Vorbeifahrt sprudelt es aus ihm heraus, was für ein phantastischer Morgen das sei. Da kann ich ihm nur zustimmen: extreme Fernsicht durch die klare, kühle Luft, wolkenloser, knallblauer Himmel, darunter zeichnen sich die Gipfel der Pyrenäen wie ein Scherenschnitt deutlich sichtbar ab, überzuckert mit dem Neuschnee der Tage zuvor ab etwa 2.000 m Höhe. Dazu natürlich Kurven ohne Ende, kaum Verkehr und ein meist guter Straßenzustand - einzig die Strecke durch die Gorge de Luz nach Argeles-Gazost ist wegen Seitenwinds und einem neu asphaltieren Mittelstreifens auf meiner Spur nicht schön zu fahren.
Blick auf die Pyrenäen vom Col d'Aspin aus
Der Tourmalet lebt natürlich, vor allem bei den Rennradlern, von seinem Image als Berg der Berge in den Pyrenäen. Am besten gefällt mir die Passage zwischen Soulor und Aubisque, da ist die Streckenführung schön abenteuerlich. Auf dem Aubisque mache ich dann auch eine längere Pause, um die Eindrücke ein wenig sacken zu lassen. Dabei komme ich mit zwei schottischen Motorradfahrern ins Gespräch, die eine Kurztour auf dem Kontinent unternehmen und ebenfalls ins Schwärmen kommen, wenn sie über ihre bisherige Pyrenäentour berichten.
Blick Richtung Tourmalet vom Col d'Aspin aus
Col du TourmaletCol du Tourmalet
Col du Soulor
Col du Soulor - Blick Richtung Aubisque
Auffahrt zum Col d'Aubisque
Col d'Aubisque
Col d'Aubisque
Zwei weitere Höhepunkte stehen mir aber an diesem Tag noch bevor: zum einen das überwältigende Glücksgefühl, als ich oben auf dem Portalet die Grenze zu Spanien überquere - ich bin außer mir vor Freude, genau an einem solchen Traumtag auch mein Ziel Spanien zu erreichen. Die ersten Kilometer auf spanischem Boden lassen sich gut an, warme Luft dringt in alle Poren, ich fahre auf sehr gut ausgebauten Straßen und frage mich, ob wohl alle Straßen in Spanien so gut ausgebaut sind (wäre ja nicht das Schlechteste). Hinter Jaca werde ich eines Besseren belehrt, denn es folgt bis nach Santa Maria eine der schlimmsten Rüttelpisten meines Lebens - 40 km zwar irgendwie asphaltiert, aber wellig und in dermaßen schlechtem Zustand, dass ich dafür über eine Stunde brauche. Schneller geht es einfach nicht, sonst wäre mir der Roller auseinander gefallen. Landschaftlich ist diese Strecke durch die Berge allerdings sehr schön. Dies war jetzt nicht ein weiteres Highlight, das folgt anschließend - nämlich die Los Mallos de Riglos. Dies ist eine markante, rötlich schimmernde Felsengruppe, Nistplatz von Dutzenden großer Greifvögel wie Adler oder Geier und auch beliebtes Kletterrevier. An diesem Tag sehe ich die Felsen zum ersten Mal, angestrahlt vom Abendlicht, wodurch der Rotton der Felsen spektakulär verstärkt wird. Darüber kreisen ganze Schwärme von Greifvögeln - einfach grandios.
Col du PortaletCol du Portalet
Pena OroelBlick auf Los Mallos de Riglos
Da der ursprünglich ausgesuchte Campingplatz in Agüero noch geschlossen ist und auch im Ort am Montag keine Verpflegung möglich ist, fahre ich ein Stück nach Murillo de Gallego zurück und gehe auf den Campingplatz Armalygal, ebenfalls einfacher Standard, aber mit einer freundlichen Besitzerin mit guten Englischkenntnissen und einem eigenen Restaurant (das hat allerdings ebenfalls am Montag zu, aber im nicht weit entfernten Ort finde ich dann doch noch etwas zu essen). Am Abend habe ich zu tun, um meine Gedanken zu ordnen und all die Eindrücke zu verarbeiten - ich bin wie erschlagen, gleichzeitig voll and leer im Kopf. Kosten für die Übernachtung: EUR 11,10
Los Mallos de Riglos
Campingplatz Armalygal
Tag 8: Ayerbe - Loarre - Riglos; 80 km
Nach den vielfältigen Eindrücken gestern lasse ich es heute ruhiger angehen. Zuerst (nach einigen Verständigungsschwierigkeiten) ein entspanntes Frühstück auf dem Campingplatz mit grandiosem Blick auf die Los Mallos und auf vereinzelte Greifvögel, die sich in der aufkommenden Thermik elegant nach oben schrauben, anschließend fahre ich ein paar Kilometer nach Ayerbe, um dort einige Einkäufe zu tätigen und erste Einblicke in das spanische Alltagsleben zu erhalten. Ruhig geht es zu, gemächlich, man hetzt sich nicht ab, sondern hat Zeit für einen kleinen Plausch, von Stress keine Spur. Eine sehr wohltuende Atmosphäre, die uns Deutschen manchmal auch gut tun würde. Stress in einer anderen Art gibt es aber auch hier, sowohl in Ayerbe wie auch später fallen mir in Spanien die vielen arbeitslosen Jugendlichen auf, die sich oft an einem zentralen Platz treffen, vielleicht in der Hoffnung auf Arbeit, vielleicht auch nur, um die Zeit irgendwie hinter sich zu kriegen.
Blick auf Los Mallos vom Campingplatz aus
Langsam muss ich mich auch mal um eine Telefonkarte kümmern, in Frankreich bin ich einfach nicht fündig geworden. Bisher habe ich nur SMS nach Hause geschickt. Früher war das einfacher, man hat sich ja nicht so leicht melden können und es wurde auch nicht erwartet, dass man sich jeden Tag meldet. Man hat sich damals auch nicht so schnell Sorgen gemacht. Jetzt ist man viel öfter mit den Gedanken "daheim", d.h. kann sich auch oft gar nicht mehr richtig von zuhause lösen und hat irgendwie eine "Verpflichtung", sich öfter zu melden.
Hier in Ayerbe werde ich endlich fündig, ich kaufe eine "Tarjeta Telefonica Prepago Mundo Estanco" zu 12 Euro, und kann damit sowohl von Telefonzellen wie auch vom Handy aus günstig nach Deutschland telefonieren.
Burg von LoarreLos Mallos
Anschließend fahre ich noch eine kleine Runde durch die landwirtschaftlich geprägte Vorpyrenäen-Landschaft und besichtige die Burg von Loarre und den kleinen Ort Riglos direkt an den Mallos. Das Wetter ist sehr schön, aber auch sehr heiß, und so macht sich zum ersten Mal meine Sommerjacke "Probiker PR-12" von Louis bezahlt, die (in Verbindung mit einem Fuktionsshirt) durch ihre großzügig verteilten Textileinsätzen für eine kühlende Luftzirkulation sorgt, zumindest solange man fährt.
Los MallosLos Mallos
Tag 9: Ayerbe - Ejea de los Caballeros - Tudela - Tarazona - Agreda - Soria - Calatanazor - El Burgo de Osma - San Esteban de Gormaz - Ayllon - Riaza - Pradena - Segovia; 430 km
Eine reine Überbrückungsetappe mit fast optimalem Wetter dafür, bewölkt und nicht zu heiß, und bei meist (bis auf die ersten 40 Kilometer) sehr guten Straßenverhältnissen. Ich komme also zügig voran nach Westen durch die spanische Provinz, genieße die unterschiedlichen Landschaften und freue mich über die überwiegend rücksichtsvolle Fahrweise der Spanier.
karge Landschaft in Nordspanien
Die letzten 50 Kilometer auf der kargen Hochebene von Kastilien Richtung Segovia ist dann aber volle Konzentration angesagt: Im Norden steht eine riesige Gewitterwolke (an der ich mich aber gerade so vorbei schmuggeln kann), dafür bläst aber ein stürmischer Seitenwind von links, der mich ganz schön beutelt. Ab und zu gehe ich mit der Geschwindigkeit auf etwa 60 km/h herunter, um die Schläge vor allem der LKWs einigermaßen zu überstehen.
In Segovia nehme ich eine Abfahrt zu spät von der Umgehungsstraße und habe prompt einige Mühe, den Camping El Acueducto zu finden. Richtig ist die Ausfahrt PK 8 auf die CL-601, Ctra. de La Granja, Richtung Zentrum etwa 700 m rechts, also eigentlich wirklich nicht schwer. Dieser Campingplatz ist dann schon voller als die bisherigen, viele Kunst- und Kulturliebhaber zieht es in das schöne Segovia mit seinen vielen Sehenswürdigkeiten. Ich komme mit einer deutschen Familie ins Gespräch, und diese schauen mich nur ungläubig an, als ich ihnen erzähle, die Stadt nicht zu besichtigen und am nächsten Morgen wieder weiterzufahren ("muss ein völliger Kulturbanause sein"). Auf dieser Fahrt steht für mich aber die Provinz Extremadura mit ihrer Landschaft und Natur im Vordergrund - man muss halt Prioritäten setzen.
Da es auf dem Campingplatz selbst kein Restaurant gibt, esse ich in einem angrenzenden Neubauviertel in einem Schnell-Imbiss zu abend, eigentlich ganz akzeptabel und ich lerne, dass in Spanien Pommes auch sehr beliebt sind. Kosten für die Übernachtung: EUR 15,70
Kirche mit vielen Störchennestern
Tag 10: Villacastin - Avila - Robledillo - Puerto de Menga (1564 m) - Puerto del Pico (1352 m) - Mombeltran - Arenas de San Pedro - Candeleda - Villanueva de la Vera - Jarandilla de la Vera - Cuacos de Yuste - Aldeanueva de la Vera; 230 km
Felsformation Richtung Puerto de Menga
Heute geht's endlich zum eigentlichen Ziel meiner Tour, der spanischen Provinz Extremadura. Und, obwohl geographisch nicht ganz zutreffend, war dies für mich erreicht mit dem Erreichen der Passhöhe des Puerto del Pico und dem Blick Richtung Süden in die nur zu erahnende Weite der Extremadura. Die Rast auf dieser Passhöhe ist wieder verbunden mit einem dieser besonderen Glücksmomente: Über dem Pass eine Art Hochnebel, darunter gleiten während meiner Rast ganze Rudel von Bussarden und anderen Greifvögeln in geringer Höhe majestätisch über den Pass und hinuter ins Tal - auf der Südseite schlängelt sich eine alte Römerstraße den Berg hinauf, und auf dieser reiten ein paar "Cowboys" hoch zum Pass. Das am Abhang sichtbare frische Autowrack bringt mich dann in die Realität zurück, und so fahre ich nach diesem besonderen Moment mit der gebotenen Vorsicht hinunter ins Tal.
Puerto del PicoBlick auf die alte Römerstraße
Hinter Arenas de San Pedro folgt eine besonders schöne und kurvige Fahrstrecke durch einen kühlen Kiefernwald, anschließend folgen weitere Ausblicke in die Ebenen der nördlichen Extremadura. An den Berghängen der nördlich gelegenen Sierra de Gredos hängen Wolken, die aber keinen Regen bringen. So folge ich der gut ausgebauten Straße Richtung Westen und freue mich (wieder mal) über den wenigen Verkehr.
Der von mir ursprünglich ausgesuchte Campingplatz in Cuacos de Yuste sagt mir überhaupt nicht zu, daher fahre ich ein Stück zurück und gehe in Aldeanueva de la Vera auf den Camping Yuste. Das ist ein Glücksgriff, denn die Inhaber sind überaus freundlich, es gibt ein Restaurant (Muttern kocht selbst), die Sanitäranlagen sind sauber und ich bin fast alleine auf dem Platz.
Abends probiere ich dann lokale Spezialitäten, z.B. eine Art Schweinerippchen, alles etwas ungewohnt, aber sehr lecker. Danach als Zugabe einen schönen milden, selbst gemachten Knoblauchschnaps! Kosten für die Übernachtung: EUR 13,30
Camping Yuste
Tag 11: Cuacos de Yuste - Monasterio de Yuste - Puerto del Piornal (1282 m) - Cabezuela del Valle - Puerto de Honduras (1430 m) - Hervas - Villar de Plasencia - Cabezabellosa - Pasaron de la Vera - Jaraiz de la Vera - Aldeanueva de la Vera; 200 km
Puerto del Piornal
Eine wunderschöne Motorradwanderung von Tal zu Tal und über mehrere Pässe, einige davon ohne Namen. Das Wetter meist schön, nur am Puerto de Honduras drohen einige schwarze Wolken, es gibt aber keinen Regen. In den Tälern warm bis heiß, oben dann angenehm kühl. Der Straßenzustand meist gut bis sehr gut, nur an einigen Stellen, vor allem bei der Auffahrt zum Puerto de Honduras grauenhafte Rüttelstrecke. Über alle Pässe ist mir übrigens kein einziger Motorradfahrer und nur vereinzelt mal ein Auto entgegen gekommen.
Blick ins TalPuerto de Honduras
Eine allgemeine Anmerkung zu Verkehr und Fahrstil der Spanier: Auffallend ist neben dem fast überall geringen Verkehr (zumindest zu dieser Jahreszeit und auf den von mir befahrenen Strecken) der sehr disziplinierte Fahrstil der Spanier. Geschwindigkeitsbegrenzungen und Überholverbote werden fast von allen eingehalten, daher ist das Fahren hier im Allgemeinen sehr entspannend und kostet weniger Nerven als etwa in Frankreich oder Italien. Vielleicht ist das aber in den Großstädten oder im Süden Spaniens anders.
Blick ins Tal der Jerte
Besucht habe ich auch bei Cuacos de Yuste das Monasterio de Yuste, wo Karl V. seinen Lebensabend verbrachte. Eintritt ohne Führung 2,50 Euro (2011). Ganz interessant, aber hat mich nicht vom Sockel gerissen. In der Nähe gibt es noch einen deutschen Soldatenfriedhof.
Monasterio de Yuste
Monasterio de Yuste
Sorgen macht mir der Ölverbrauch vom Roller. Einen Liter Öl habe ich ja mitgenommen, aber der ist fast schon aufgebraucht und reicht sicher nicht bis nach Hause. Da werde ich mich bald darum kümmern müssen.
Aldeanueva de la Vera
Tag 12: Plasencia - Parque Nacional de Monfragüe - Torrejon el Rubio - La Herguijuela - Pantano di Navabuena - Caserio Vallejera - Jaraiz de la Vera - Aldeanueva de la Vera; 155 km
PlasenciaKathedrale von Plasencia
Heute Vormittag bin ich gleich das Problem "Öl" angegangen und habe (auch mit freundlicher Hilfe des Campingplatzinhabers, der für mich im Internet recherchiert und mir den Weg beschrieben hat) im nächsten größeren Ort Plasencia relativ schnell einen Motorradladen gefunden und dort einen Liter Rolleröl mitgenommen. Anschließend noch den netten Ort mit einigen Sehenswürdigkeiten (Kirche, Marktplatz, zwei Kathedralen) besichtigt. Vormittags ist noch reges Leben im Ort, ab Mittags wird es dann schlagartig weniger, und auch ich fliehe vor den steigenden Temperaturen in die Natur, nämlich in den wenige Kilometer südlich gelegenen Nationalpark Monfragüe am Zusammenfluß der beiden aufgestauten Flüsse Tajo und Tietar. Zuerst durchfährt man die für die Extremadura typischen Ebenen mit Macchia oder Dehesa (beweidete Eichenhaine), kommt an einem Informationszentrum vorbei und findet schließlich immer wieder Möglichkeiten zum Rasten.
Plasencia
Am Informationszentrum ist einiges los, es ist schließlich Samstag. Wer Lust hat, kann den Park auf verschiedenen Routen durchwandern, man kann aber auch per Auto oder Motorrad die wichtigsten Punkte anfahren, die Natur anschauen und insbesondere die zahlreichen Vogelarten bewundern: von kleineren Milanen bis hin zu den riesigen Kaiseradlern oder Mönchsgeiern. Heute gibt es wegen der Wärme eine gute Thermik, und so sind viele verschiedene Arten in ihrem majestätischem Flug zu sehen (Fernglas nicht vergessen). Insgesamt noch einmal eindrucksvoller als bei den Los Mallos de Riglos.
Nationalpark Monfragüe
Landschaft bei Torrejon el Rubio
So verbringe ich einige Stunden an unterschiedlichen Orten in diesem Nationalpark und bin begeistert von den vielen verschiedenen Eindrücken, die die Natur dort bereithält. Gegen Abend rollere ich auf Nebenstrecken gemütlich Richtung Campingplatz. Dort, beim wieder leckeren Abendessen, mache ich mir Gedanken über die nächsten Tage. Doch noch einen Abstecher nach Portugal machen oder (da ich ja weiterhin ein wenig hinter meinem Zeitplan bin) durch die Zentralextremadura direkt nach Guadalupe fahren? Decisions, decisions...
Nationalpark Monfragüe
Tag 13: Plasencia - Coria - Portaje - Ceclavin - Zarza la Major - Alcantara - Membrio - Valencia de Alcantara - Marvao - Santo Antonio das Areias; 255 km
Landschaft der Extremadura
Also doch Portugal - wenn ich schon mal in der Nähe bin... Und ich habe es nicht bereut. Zuerst durch das "Land der Störche", ein oder mehrere Nester/Bauten auf fast jedem Turm oder Mast. Dann durch die weitläufige Dehesa, ein typisches Gesicht der Extremadura, an Alcantara mit dem Rio Tajo und den römischen Bauten vorbei.
Staudamm am Tajo
Römische Brücke bei Alcantara
Besonders einsam und eindrucksvoll die anschließende Strecke bis Valencia de Alcantara - Easy Rider Feeling kommt auf.
Landschaft der Extremadura
Valencia de Alcantara
Nach einem letzten spanischen Cafe Solo geht es dann über eine kleine Bergkette unspektakulär nach Portugal hinein - Übrigens, bei meiner Tour war das Benzin in Spanien um einiges billiger als in Portugal, also wenn möglich vor der Grenze nochmals tanken.
Bereits nach wenigen Kilometern erreiche ich den einsam und idyllisch gelegenen kleinen Campingplatz Asseiceira. Dieser, geleitet von einem sehr freundlichen und hilfbereiten Engländer, ist viel zu klein für ein eigenes Restaurant, das findet man im nahegelegenen (zu Fuß erreichbaren) Santo Antonio das Areias. Dort fand übrigens bei meinem Eintreffen gerade in der örtlichen Arena ein Stierkampf statt (auf portugiesische Art, also ohne Töten des Stiers in der Arena).
Auf dem Campingplatz waren übrigens vor allem Engländer, die z.T. schon monatelang in Portugal oder Spanien überwintert hatten. Abends dann in einer Snackbar des Ortes eine Riesen Portion Schweinefleisch mit Muscheln gegessen - eine eigenartige Kombination, war aber gut und sehr preiswert. Kosten für die Übernachtung: EUR 9,00
Campingplatz Asseiceira
Tag 14: Castelo de Vide - Valle de Bodao - Beira - Marvao; 60 km
schönes Wohnhaus
Der freundliche Engländer vom Campingplatz hat mir alle möglichen Tipps gegeben, und so fahre ich an diesem Tag so ziemlich jedes Sträßchen und jeden Weg in der näheren Umgebung ab und gewinne dadurch einen ersten Eindruck vom ländlichen Portugal des nördlichen Alentejo. Es ist eine arme, karge Gegend, erst in letzter Zeit scheint durch den Tourismus (vor allem von Engländern und Holländern) ein wenig Geld in die Region gekommen zu sein. Auf den Hügeln thronen Burgen wie das Castelo de Vide des gleichnamigen Orts, der mir wegen eines gewissen Flairs sehr gut gefallen hat.
Wandfliesen in Castelo de Vide
Castelo de VideCastelo de Vide
Castelo de Vide
Castelo de Vide
Ein weiterer Tipp ist Beira, eigentlich ein unscheinbarer Ort mit wenigen Häusern, aber Beira war früher die Grenzstation für Züge von/nach Spanien und hat einen sehr großen Bahnhof mit sehr schönen typisch portugiesischen Wandmosaiken (d.h. auf meiner Interrail-Tour 1978 müsste ich auf der Zugfahrt von Lissabon nach Madrid auch dort gehalten haben).
Wandfliesen in Beira
Wandfliesen in BeiraWandfliesen in Beira
Beira
Zum Schluss dann Marvao, auch dieser Ort mit seiner weißen Burg eindrucksvoll auf einem Berg gelegen und mit phantastischen Panoramablicken. Der Eindruck wird leider getrübt durch Millionen von Ohrhüllern (Ohrwürmer/Ohrenkneifer), die herumkrabbeln und herumfliegen, einem unter die Kleidung kriechen und ordentlich nerven (einige bis dahin bereits tote Exemplare habe ich noch beim Zelttrocknen nach dieser Tour zuhause gefunden). Ein Naturphänomen, das anscheinend dort zu dieser Zeit (Ende Mai) und dann wieder einige Tage im Oktober üblich ist.
MarvaoMarvao
Ohrhüllerplage in MarvaoMarvao
Abends dann Gewitter und Regen und daher Selbstversorgung mit Notration - das ist der Nachteil eines Campingplatzes ohne eigenes Restaurant. Mal schauen, wie das Wetter morgen wird, denn dann soll es schon wieder zurück nach Spanien gehen.
ländliches Portugal
Tag 15: Marvao - Valencia de Alcantara - Alburquerque - Villar del Rey - La Rocca de la Sierra - La Nava de Santiago - Los Chaparales - Alcuescar - Almoharin - Miajades - Zorita - Logrosan - Guadalupe; 265 km
Alburquerque"Storchenresidenz"
Das Wetter spielt mit, und so geht es eigentlich ab jetzt wieder nach Osten Richtung Heimat - aber schön langsam und gemächlich. Zuerst einmal durch die südliche Extremadura, durch diese so typische, weite, hitzeflirrende, oft einsame Landschaft, vorbei an Orten mit so schönen Namen wie "Villar del Rey". Bei Miajades fält mir ein riesiges Photovoltaik-Feld auf, ich sehe aber auch viele Wein- und Olivenfelder. Anschließend wird die Landschaft gebirgiger und die Straße wieder etwas kurviger. Problemlos erreiche ich mein heutiges Etappenziel, den Camping las Villuercas kurz vor dem Wallfahrtsort Guadalupe. Welchen Stellenwert dieser Ort in Spanien hat, wurde mir auf der bisherigen Reise mehrmals deutlich: Bei Erwähnung des Namens Guadalupe erzählten mir die Spanier mit leuchtenden Augen, dass sie dort schon gewesen wären und wie schön und imposant Ort und Kloster wären oder dass sie dort auf jeden Fall einmal hinfahren würden. Spanische Entdecker trugen den Namen der hochverehrten heiligen Jungfrau, der Königin von Guadalupe, in alle Welt und machten nach ihrer Rückkehr eine Wallfahrt nach Guadalupe.
Extremadura bei Alburquerque
Ermita de Sopetran bei Almoharin
Nach so vielen Tagen ohne deutsche Unterhaltung lerne ich am Abend einen Schweizer kennen, der mit seinem Wohnmobil ebenfalls alleine unterwegs ist. Die Erlebnisse meiner bisherigen Tour sprudeln nur so aus mir heraus; ab und zu ist es doch ganz wichtig, sich mit jemanden austauschen zu können, und so vergeht dieser Abend wie im Flug. Kosten für die Übernachtung: EUR 8,00
Guadalupe
Tag 16: Alia - Castilblanco - Herrera del Duque - Ciudad Real - Damiel - Alcazar de San Juan - Campo de Criptana - Mota del Cuervo - La Almarcha - Olivares de Jucar - Valverde de Jucar - Hontecillas - Olmedilla de Alarcon; 440 km
GuadalupeGuadalupe
Guadalupe
Am Morgen muss ich natürlich zuerst Guadalupe besichtigen. Der Ort ist wunderschön gelegen auf einer Anhöhe und wird von dem imposanten Kosterkomplex dominiert. Rings um diesen Komplex ist alles auf Wallfahrer und Touristen ausgelegt, es gibt viele Andenkenläden, Souvenirshops und Restaurants. Insgesamt hat sich mir die Mystik des Ortes nicht so ganz offenbart, wahrscheinlich war ich einfach zu kurz dort.
Landschaft bei Alia
Auf einer sehr schönen kurvigen Strecke verlasse ich Guadalupe, biege bei Alia Richtung Süden ab und mache hinter Castilblanco meine erste Rast am großen Embalse de Garcia de Sola (Embalse = Stausee). Viele Flüsse wurden in den letzten Jahren in der Extremadura (und natürlich auch im sonstigen Spanien) aufgestaut und bilden jetzt in der oft kargen Landschaft eine willkommene Abwechslung. Dazu kommt noch der Nutzen für die Bewässerung und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen.
Stausee bei Castilblanco
Impressionen
Bis Ciudad Real ist dann relativ viel Verkehr, anschließend gibt sich das wieder, und ich fahre auf meist schnurgeraden Straßen quer durch die Hitze (über 30 Grad) der Provinz La Mancha. Die Landschaft hat jetzt ein ganz anderes Gesicht - links und rechts immer wieder kleine Hügelketten, die Felder werden intensiv landwirtschaftlich genutzt (Oliven, Wein), die Gerüche wechseln ständig. Natürlich darf (bei Campo de Criptana) auch ein Besuch der berühmten Windmühlen nicht fehlen. Die stehen dann oft schön renoviert in der Landschaft herum, machen aber nicht den Eindruck, noch genutzt zu werden.
Windmühlen bei Campo de Criptana
Auf dieser Etappe werde ich wieder einmal mit einer Besonderheit der spanischen Infrastruktur konfrontiert: Oft verlaufen zwei oder sogar drei Straßen parallel - die alte Landstraße als Verbindung von Ort zu Ort, eine modernere Schnellstraße (oft autobahnähnlich mit vier Spuren) und dann eventuell noch eine eigentliche (mautpflichtige) Autobahn. Um schnell voranzukommen reicht oft die Schnellstraße, am wenigsten Verkehr (und daher meist meine erste Wahl) hat man auf der alten Landstraße, die meist vom Zustand her gut bis akzeptabel ist. Ich will ja reisen (und was sehen) und nicht rasen.
Impressionen
Abends fahre ich dann an einem weiteren schön gelegenen Stausee herum (Embalse de Alarcon) und finde bei Olmedilla de Alarcon den einzigen Campingplatz (Pantapino), der aber leider rund fünf Kilometer vom Stausee entfernt liegt. Die freundliche, aber resolute Inhaberin des Campingplatzes, die auf mich einen leicht derangierten Eindruck macht, bereitet für mich am Abend als einzigen Gast extra etwas zu essen zu. Kosten für die Übernachtung: EUR 10,00
Tag 17: Motilla del Palacar - Minglanilla - Utiel - Ademuz - Teruel - Alfambra - Puerto del Esquinazo (1370 m) - Puerto de San Just (1452 m) - Montalban - Alcaniz - Caspe - Lake Caspe; 420 km
Impressionen
Spanien hat mich ja aus mehreren Gründen in den Bann gezogen, einer davon ist die abwechslungsreiche und vielfältige Landschaft. Auch heute fahre ich durch viele verschiedene Landschaften - üppig grüne Täler, bewirtschaftete Ebenen und kahle Hochebenen, unterbrochen durch kleine Gebirgszüge, tiefblaue aufgestaute Flüsse mit Kieferwäldern, ungewöhnliche Felsfomationen. Ab und zu kleine Orte oder Städte, meist mit einem historischen Stadtkern, bei den größeren Städten drum herum wie bei uns moderne Einkaufszentren. Straßen mit Kurven ohne Ende und dann wieder ellenlange, schnurgerade.
Stausee bei MinglanillaStausee bei Minglanilla
Impressionen
Besonders interessant finde ich das Tal bei Ademuz (dort wird es auch auf einen Schlag richtig heiss) und die verfallenen Reste einer aufgelassenen Eisenbahnlinie nördlich von Teruel hoch zum Puerto del Esquinazo. Vor Montalban (in den Cuencas Mineras) sehe ich alte Minen und ein wenig modernere Industrie, in der Steinkohle, Braunkohle, Eisenerz, Gips, Blei und Salz abgebaut wurden und werden.
Ademuz
Ich hatte mich ja bei Teruel entschieden, wegen des sich ankündigenden schlechten Wetters die Berge nicht über die Nebenstrecke über Cantavieja zu queren, was sich als richtig erweist, denn ab Montalban zieht es immer mehr zu, und ein wieder mal starker Seitenwind erschwert ein zügiges Vorwärtskommen. Bei drohender Gewitterstimmung fahre ich viele Kilometer am Lake Caspe entlang und mache mir Sorgen, wo denn der Campingplatz bleibt. Ich will schon umkehren, da ich denke, ich bin bereits an ihm vorbei gefahren, als es endlich links weg auf einer kurzen Schotterpiste zum See geht. Das Gewitter kommt dennoch erst, nachdem ich mein Zelt auf dem Lake Caspe Camping direkt am See aufgeschlagen habe. Das ist nun mal wieder ein "normaler" Campingplatz ziemlich voll mit Touristen aus ganz Europa.
Montalban
Auch immer wieder interessant, den Unterschied zu sehen zwischen den rein auf ausländischen Touristen eingestellten Campingplätzen und den eher "einheimischen" Plätzen oft niedrigerer Kategorie. Erstere meist gut organisiert mit straffer Platzordnung, sehr gehobener Ausstattung, letztere oft familiärer, einfacher ausgestattet, aber meist mit besserem Restaurant. So auch hier: gut ausgestattet, alles geöffnet auch in der Vorsaison, großes Schwimmbecken, Segel- und Surfcenter direkt am See, aber das Menü am Abend (11 Euro) durchwachsen: Salat der Region gut, das Huhn trocken, Wein in Ordnung. Aber das ist oft meine Erfahrung: Wo nur Touristen essen, ist das Essen oft schlecht. Auf den "einheimischen" Plätzen kommen ja auch oft Anwohner des Ortes zum Essen, da muss das Essen schon passen.
Die Lage des Campingplatzes am langgezogenen Stausee Lake Caspe ist aber sehr schön und dadurch für Wassersportler (Kanuten, Segler, Windsurfer) ideal. Der Stausee ist anscheinend auch berühmt für seinen Fischreichtum, denn es waren einige Angler auf dem Platz. Es gibt am See wohl auch internationale Anglerwettbewerbe. Kosten für die Übernachtung: EUR 13,50
Tag 18: Mequinenza - Fraga - Lleida - Balaguer - Tremp - Gerri - Sort - Port de Canto (1725 m) - Adrall - La Seu d'Urgell - Puigcerda - Sailla Gousse - Col de la Perche (1574 m) - Mont Louis - Prades - Perpignan - Le Barcares; 460 km
PyrenäenimpressionenPyrenäenimpressionen
Quer durch die Pyrenäen geht´s heute zurück nach Frankreich. Nach dem Gewitter gestern Abend habe ich noch Bedenken wegen des Wetters. Es sieht am Morgen aber gar nicht so schlecht aus, daher entschließe ich mich (zwar etwas später als sonst), dennoch die Pyrenäen in Angriff zu nehmen. Nach der eher langweiligen Ebene von Lleida geht es durch canyonartige Täler hinein in die Pyrenäen. Von Regen bleibe ich weiterhin verschont, daher kann ich die Auffahrt auf den Port de Canto auf etwas welliger Fahrbahn voll genießen. Es folgt eine lange, bremsenfordernde Abfahrt Richtung Adrall, bevor es weiter Richtung spanisch/französische Grenze geht. Dort, auf etwa 1500 m Höhe, ziehen tiefe Wolken auf und es wirf auf einen Schlag empfindlich kalt. Also entschließe ich mich nach längerem Hin und Her, nicht wie geplant über einen weiteren Pass Richtung Carcassonne zu fahren, sondern durch das Tal des Tet hinunter nach Pergignan.
Tal Richtung Sort
Blick auf Sort
Vom Wetter her sicherlich die richtige Entscheidung, aber die ersten 30 Kilometer auf der Abfahrt sind schlimm: bedeckter Himmel, kalt, sehr schlechter Straßenzustand, viele sehr enge Kurven, die Straße allgemein sehr eng und dazu diese ewig drängelnden Franzosen - kein Vergleich zu Spanien. Solch ein Kontrast zum entspannten Dahingleiten in Spanien - in manchen haarsträubenden Situationen fluche ich wie ein Rohrspatz. Später wird die Straße dann besser (und zweispurig), dafür gibt es dann wieder - genau, was fehlt noch - einen schönen starken und böigen Seitenwind.
Aber auch den kriege ich irgendwie hinter mich (konzentriert fahren halt). In Le Barcares suche ich dann ewig nach dem von mir bei der Planung ausgesuchten Campingplatz Le Floride et L'Embouchure. Statt der ersten nehme ich die letzte Ausfahrt nach Le Barcares - und dann dauert es natürlich etwas, bis man sich durch den ganzen Ort gearbeitet hat. Warum gerader dieser Campingplatz? Entweder sind die Plätze hier in dieser Gegend extrem teuer (bereits in der Vorsaison) oder sie liegen ziemlich weit vom Meer entfernt - und ich will ja morgen einen schönen relaxten Tag am Meer verbringen. Auch von meinem muss man zwar ein paar Meter bis zum Meer gehen, aber er ist günstig, sehr gut ausgestattet, die Leute ohne Ausnahme sehr freundlich und zuvorkommend und das Essen am Abend ist sehr gut (kein Vergleich zu gestern). Dazu gibt es als Zugabe auf einem Großbildschirm ein französisches Halbfinale im Rugby mit der entsprechenden Stimmung. Kosten für die Übernachtung: EUR 13,50
Tag 19: nach Perpignan, in Perpignan und um Perpignan herum und wieder zurück; 90 km
Geplant war eigentlich ein schön entspannter Tag am Strand - einen Tag mal nicht Roller fahren. Nach dem gemütlichen Frühstück mit richtig lässiger Musik als Einstimmung auf einen wunderbaren Strandtag dann am Zelt der tägliche Rollercheck - und der Schock! Der Hinterradreifen hatte ja schon während der Fahrt ein Sägezahnprofil entwickelt und "sang" schön beim Fahren. Jetzt entdecke ich eine Stelle, an der sich der Reifen schon nach oben gewölbt hat und dort zu platzen droht. Jede Weiterfahrt wäre ein zu großes Risiko. Die Strandtagstimmung ist natürlich sofort verflogen, ich bin zutiefst frustriert und stelle mich schon auf einen längeren Aufenthalt hier ein (es ist Samstag). Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn mir der Reifen gestern bei der Abfahrt Richtung Perpignan geplatzt wäre.
Also was machen? Zuerst aus dem Händlerhandbuch von Suzuki den nächsten Händler gesucht (in Perpignan) und dann mit Hilfe der äußerst freundlichen Dame an der Rezeption des Campingplatzes den Weg dahin herausgefunden. Langsam, ganz langsam mache ich mich mit meinem Roller auf den Weg dahin. Eine zufällig unterwegs gefundene Werkstätte kann mir nicht helfen. Also hinein nach Perpignan. Dort nach einiger Zeit auch die angegebene Adresse gefunden - nur keinen Händler, denn der ist umgezogen. Mit der neuen Adresse ganz langsam zum Tourismusbüro, das auch geöffnet ist (sagte ich bereits, dass es inzwischen Samstag Mittag war?). Dort mir den Weg erklären lassen und Stadtplan mitgenommen. Nach insgesamt zwei Stunden komme ich endlich in der Peripherie von Perpignan bei einem großen Motorradhändler an. Es ist geschlossen (ja klar, ist ja schließlich Samstag) - aber in zehn Minuten ist 14 Uhr, und dann wird nochmals geöffnet. Uff! Aber - ob der einen passenden Reifen da hat - und den dann auch gleich montiert?
All meine Sorgen sind unbegründet, die Mitarbeiter sind unglaublich freundlich, ein passender Reifen (Michelin City Grip wie vorher) ist vorrätig und wird auch gleich montiert; ich lasse noch einen Ölwechsel machen, und nach weiteren zwei Stunden (war ja nicht der einige, der was wollte) bin ich wieder auf dem Campingplatz (und zwar in schnellerem Tempo als beim Wegfahren). Da sage mal noch jemand, die Franzosen seien arrogant und unfreundlich ...
Glück im Unglück gehabt, und ein paar Stunden zum Relaxen am Strand sind auch noch drin. Abends esse ich dann leckere Pizza und schaue dazu das Champions League Finale zwischen Barcelona und Manchester United (wäre vielleicht auch eine gute Idee gewesen, das auf der spanischen Seite anzuschauen, aber der Zeitplan...).
Einen Tag mit solch extremen Gefühlsschwankungen - brauche ich wirklich nicht oft!
Tag 20: Leucate - Narbonne - Beziers - Pezenas - Clermont l'Herault - Pont de Gignac - Puechabon - St. Martin-de-Londres - Laroque - Ganges - St. Hippolyte-du-Fort - Anduze - Ales - Bagnols-s-Ceze - Pont-St.-Esprit - Bollene - Suze-la-Rousse - Nyons; 370 km
Etang de Leucate mit Pyrenäen im Hintergrund
Port Leucate
Bei schönstem Wetter verlasse ich den großen Campingplatz und genieße bald schon bei Leucate wunderschöne Ausblicke auf das himmelblaue Meer, den Etang de Leucate und auf die hoch oben weiß "bepuderte" Pyrenäenkette im Hintergrund. Leise sage ich "Au Revoir" zu dieser Gegend und hoffe, bald wieder einmal die Zeit zu haben, um diese phantastische Landschaft besuchen zu können.
Anschließend fahre ich mal auf kleineren, mal auf größeren Straßen oft durch die für diese Gegend typischen Platanenalleen, die willkommenen Schatten spenden. Bei Beziers mache ich kurz Pause und besichtige die bekannte Schleusentreppe am Canal du Midi. Mit fachmännischem Blick (gelernt ist gelernt) und gemeinsam mit vielen anderen "Sehleuten" beobachte ich die Manöver der Crews zahlreicher Hausboote und Motoryachten und bin von der Auslegung dieses historischen Bauwerks fasziniert.
Schleusentreppe des Canal du Midi bei Beziers
Die Fahrt führt mich weiter ins L'Herault, die Gegend wird hügeliger und einsamer, es geht durch eindrucksvolle Täler, überall sattes Grün - und immer wieder diese Gerüche, typisch für diese Region und für die Provence, in die ich nach Überquerung der Rhone bei Bollene komme. In der Ferne taucht der imposante Mont Ventoux auf. Nördlich von Nyons habe ich genug für diesen Tag und gehe auf den wunderschön gelegenen Campingplatz LOr Vert direkt am Flüsschen Eygues. Der Platz hat eine kleine Snack-Bar (genug um satt zu werden), es sind relativ viele Holländer auf dem Platz.
Laroque am Herault
Heute Abend ist meine Stimmung viel besser als gestern, irgendwie war ich gestern Abend ziemlich deprimiert, ohne dass es hierfür irgendeinen bestimmten Grund gegeben hätte. Vielleicht das kommende Ende dieser Reise - oder aber noch der Stress des Vormittags? Kosten für die Übernachtung: EUR 14,00
ImpressionenImpressionen
Tag 21: Nyons - Malaucene - Mont Ventoux (1909 m) - Sault - Reilhanette - Col de Aires (634 m) - Col de Fontaube (635 m) - Buis-les-Baronnies - Col d'Ey (718 m) - Curnier - Rosans - Col de Palluel (801 m) - Col de la Saulce (877 m) - Serres - Veynes - Gap - Embrun - Briancon - Col de Montgenevre (1850 m) - Oulx - Salbertrand; 370 km
Mont Ventoux
Heute also zuerst kurzentschlossen auf den Mont Ventoux! Gemeinsam mit Scharen von Radfahrern nehme ich die 21 Kilometer lange Steigung mit rund 1600 Höhenmetern von Malaucene aus in Angriff. Der Berg hat´s wirklich in sich, meist konstante, langezogene Steigungen, die vor allem den Radlern alles abverlangen. Oben dann, trotz einiger Wolken, ein grandioser Fernblick in alle Himmelsrichtungen - und dazu der berühmte starke Wind, der dem Berg ja seinen Namen gab.
Mont VentouxMont Ventoux
Reilhanette
Nachdem ich mich satt gesehen habe (und des Rummels oben auch etwas überdrüssig geworden bin), rolle ich gemächlich zurück ins Tal Richtung Sault und mache anschließend noch eine kleine Runde über mehrere niedrige Cols im Norden des Mont Ventoux, um dann bei Curnier wieder auf die D94 zu stoßen. Die folgende Strecke im Tal der Eygues und weiter bis hin nach Serres ist dann das heutige Highlight: eine langgezogene Kurve nach der anderen, dazwischen zur Abwechslung auch ein paar enge Kurven, und das ganze in einem landschaftlich wunderschönen Tal.
Abschied vom Mont Ventoux
Eher unspektakulär geht es dann über Gap zum Lac de Serre-Poncon bei Embrun; es ist schöner Wind und so schaue ich eine Weile den Surfern zu, bevor es über Briancon mit seinen mächtigen Festungsanlagen hoch zum Col de Montgenevre geht. Dieser hat zwar einige schöne Kehren, gehört aber meiner Meinung nach nicht zu den schönsten Alpenpässen. Nun verlasse ich auch Frankreich und nach einer kurzen Abfahrt hinunter ins Val de Susa schlage ich mein Zelt bei Salbertrand auf dem Campingplatz Gran Bosco auf. Von den mächtigen 3000ern, die das Tal umrahmen, sehe ich leider nicht viel, da es inzwischen zugezogen hat und die Wolken recht tief hängen. Das verheißt nichts Gutes.
Dafür ist das Essen auf dem Platz wirklich augezeichnet und nicht allzu teuer (Menü mit Wein und Cafe 16 Euro) und die Mitarbeiter sind alle außergewöhnlich freundlich. Kosten für die Übernachtung: EUR 14,00
Tag 22: Susa - Umgehung Turin - Chivasso - Casale - Mortara - Garlasco - Binasco - Melegnano - Lodi - Crema - Soncino - Orzinuovi - Dello; 370 km
Wie befürchtet hat es nachts angefangen zu regnen und Max, der frustrierte Inhaber des Campingplatzes, checkt noch einmal extra für mich das Wetter im Internet, kann mir aber auch keine Hoffnungen machen für die nächsten Tage. So entschließe ich mich abzureisen und nicht das Wetter auszusitzen. Max bestätigt mir später per E-Mail, dass es mehrere Tage sehr heftig geregnet hat (und er keine Campinggäste hatte).
Gegen Mittag komme ich erst weg, und die Abfahrt im strömenden Regen hinunter nach Susa ist nach einigen Kilometern der reinste Horror: Aus irgendeinem Grund (entweder hat ein Lkw auf 20 Kilometer tüchtig Öl verloren oder der Regen hat das Öl irgendwo her gebracht) ist die ganze Straße von einem glitzernden Ölfilm bedeckt und spiegelglatt. Selbst die Italiener in ihren Autos schleichen um die Kurven. In Schrittgeschwindigkeit und in extremer Anspannung rolle ich die kurvige Strecke nach unten. Jetzt nur keine abrupten Lenkbewegungen oder Bremsmanöver machen! Aber es hilft alles nichts - in einer besonders scharfen Rechtskurve flutscht mir das Vorderrad weg und es legt mich auf die rechte Seite. Blaue Flecken bei mir, Kratzer beim Roller, aber sonst gottseidank nichts passiert! Zitternd richte ich den Roller auf (ein vorbeikommender Radfahrer hilft mir dabei). Kurz spiele ich mit dem Gedanken, zum Campingplatz zurückzukehren, doch dann traue ich mich doch weiter. Irgendwie überstehe ich die nächsten Kilometer ohne Umfaller, und als ich die Umfahrung von Turin erreiche, atme ich erstmal tief durch und traue mich wieder, einigermaßen normal zu fahren.
Anschließend ereignislose Fahrt bei etwas besserem Wetter mit Staus und einigen Verfahrern. Ich hatte ja einige Zeit darüber gegrübelt, wie ich am besten auf Landstraßen, aber ohne größere Umwege, die Poebene von Turin bis Höhe Gardasee durchqueren könnte. Mailand wollte ich auf jeden Fall meiden, Autobahn bin ich nur das kurze Stück Umfahrung Turin gefahren. Meine Route war dann zwar letztlich nicht gerade der direkte Weg, dafür habe ich aber Orte gesehen, die ich sonst nie zu Gesicht bekommen würde.
Abends habe ich Schwierigkeiten, ein bezahlbares Hotel zu finden und irre in der Dämmerung und Dunkelheit ein wenig umher. Schlußendlich finde ich eine Unterkunft in der Nähe von Dello, und zwar das Hotel Ristorante l'Amalfitana. Der sehr nette Inhaber bietet mir an, den Roller im Getränkekeller abzustellen (da sage ich natürlich nicht nein, ermahne aber meinen Roller, sich bei den Getränken zurückzuhalten - morgen geht´s schließlich weiter ...). Die Wirtin ist etwas muffig, das Essen aber sehr gut und daher das Restaurant auch gesteckt voll. Kosten für die Übernachtung und Halbpension (Abendessen und Frühstück): EUR 60,00
Tag 23: Ghedi - Montichiari - Castiglione delle Stivierre - Desenzano - Peschiera - Affi - SP11 - Avio - Rovereto - Trento - Bozen - Brennerpass (1374 m) - Ellbögen - Inntal - Rosenheim; 475 km
Auf zur letzten Etappe - es hätte auch gut meine allerletzte werden können.
In der Gegend Gardasee erst noch einige Schauer, später schön und warm, ab Brenner wieder etwas schlechter. Östlich Peschiera nach Norden Richtung Brenner fahre ich bis nach Rovereto nicht auf der "normalen" SS12, sondern auf einer anderen, mir noch nicht bekannten Strecke meist westlich der Etsch (der SP11).
Kurz vor Rovereto dann auf die belebtere SS12; hinter Rovereto dann die Situation, die binner Sekundenbruchteilen alles ändern kann: An einer Kreuzung hält ein mir entgegen kommender Linksabbieger zuerst an, fährt dann aber plötzlich kurz vor mir weiter auf die Kreuzung. In diesem Moment ist mir klar, was gleich passieren wird - ein dumpfer Schlag, ich fliege über die Motorhaube und lande irgendwo hart auf dem Asphalt. In diesem Moment hatte ich mit allem abgeschlossen. Plötzlich, das Auto macht eine Vollbremsung, ich steige nach meiner Schrecksekunde auch voll in die Eisen und fahre mit einem Schlenker haarscharf (waren nur Zentimeter) vor ihm vorbei.
Ich reiße mein Visier nach oben und schreie meine Erleichterung, aber auch meinen Ärger laut heraus, Ärger über diese idiotischen Autofahrer, die aus welchen Gründen auch immer so unaufmerksam im Straßenverkehr sind und dadurch mit dem Leben anderer spielen.
Etschtal
Anschließend ereignislose Fahrt Richtung Heimat; viel Verkehr in Richtung Süden kommt mir entgegen, darunter auch einige Rollergruppen und einzelne Rollerfahrer.
Ja, die letzten zwei Tage hatten es in sich - dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass diese Tour meine bisher schönste war. Die Erlebnisse dieser Reise beim Aufschreiben nochmals Revue passieren zu lassen hat wieder Lust gemacht auf eine weitere Tour in diese Richtung (Pyrenäen, Nordspanien) - wenn nur diese lange Anfahrt nicht wäre. Und ich würde mir das nächste Mal etwas weniger vornehmen bzw. längere Zwischenaufenthalte oder insgesamt mehr Zeit einplanen, um Zeitstress gar nicht erst aufkommen zu lassen.
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